Es gibt so elementare Probleme, die uns Volleyballer während eines Jahres beschäftigen. Manchmal nerven sie, manchmal halten sie uns nachts wach. Es geht um grundlegende Fragestellungen wie: Wenn ich jetzt meine Knieschoner wasche, werden sie dann noch rechtzeitig zum nächsten Training trocknen? Wann buche ich meinen Urlaub, damit er zwischen die Spieltage passt? Welchen Sport-BH ziehe ich an, denn den sieht man ja, wenn ich von meinem Einspielshirt auf mein Trikot wechsle. Werde ich heute spielen? Wird es in der Halle wieder so kalt sein? Auf einmal gibt es viel weniger nervige Whats-App-Gruppen, in denen Fragen rund um die Saison und die einzelnen Spieltage diskutiert werden: Wann fahren wir los? Wer kümmert sich um das Buffett, wer schreibt den Spielbericht? Im Sommer habe ich mir zum ersten Mal keine Gedanken darum gemacht, wo ich in Karlshagen schlafen werde. Ehrlich gesagt, wundere ich mich, dass ich noch keine bahnbrechende neue Erfindung kreiert habe, wenn ich bedenke, wie viel meiner Gehirnkapazität freigelegt worden sein muss.
Ich muss nicht mehr über Beachvolleyball-Trainingsgruppen nachdenken, über die Frage, wer uns trainieren könnte, ob wir im Winter einen Platz in der Halle bekommen und ob ich abends überhaupt Lust habe, im Dunkeln noch einmal loszufahren. Wie haben mich diese Überlegungen genervt. Jetzt fehlen sie mir. Ja, ich arbeite viel an mir, beschäftige mich mit den Vorgängen im Gehirn und mit Persönlichkeitsentwicklung. Ich weiß auch zu schätzen, welche neuen Dinge in mein Leben gekommen sind, für die ich mir vorher aufgrund von Volleyball nicht so viel Zeit genommen habe. Vielleicht bin ich jetzt mit ganz anderen Themen beschäftigt und habe damit einen Großteil meines Gehirnvolumens gefüllt. Vielleicht ist mein Kopf aber auch deshalb schon wieder voll, weil ich mir jetzt andere Gedanken mache wie zum Beispiel: Was wird aus unserem Sport? Werden wir wieder intensive Wettkämpfe erleben, bei denen wir uns ausgelassen und unbeschwert in die Arme fallen? Werden die Masken das Gesellschaftsbild weiterhin prägen, so dass die nächste Generation sich gar nicht mehr vorstellen kann, dass wir einst ohne Mund-Nase-Schutz herumgelaufen sind? Haben wir jetzt ein neues normal? Was ist überhaupt normal? Was passiert mit dem Sportjournalismus, der einst der Mittelpunkt meines Lebens war, was wird aus den Vereinen? Manchmal ertappe ich mich auch dabei, wie ich neidisch auf die Profisportler schiele, weil die spielen dürfen und ich nicht, wohlwissend, dass denen gerade die Grundlage ihrer beruflichen Existenz unter den Füßen wegrutscht. Ich weiß, dass es nichts bringt, in der Vergangenheit kleben zu bleiben und sich die alten Problemchen zurückzuwünschen. Und manchmal nervt es mich, dass ich all das weiß, dann will ich mich wie eine Fünfjährige trotzig auf meinen Po fallen lassen, mit den Fäusten auf den Boden trommeln und in quengelnder weinerlichen Kinderstimme rufen: „Ich will jetzt Volleyball spielen.“ Eigentlich möchte ich nur sagen: Liebes Volleyball, ich vermisse dich.